Die Daten der Tiroler Landeshauptstadt sprechen eine ganz klare Sprache: Es wird immer heißer. Die Sonnenhungrigen am Marktplatz oder am Innufer genossen gerade 25 Grad im März, aber der langfristige Effekt der heißer werdenden Stadt ist katastrophal. Und zwar nicht nur für ältere und schwächere Menschen, deren Kreislauf bei über 35 Grad streikt. Wir kennen nicht nur zu heiß, sondern auch zu nass: In Innsbruck vergeht kaum ein Jahr, in dem vor der Altstadt und den Stadtteilen am Innufer nicht zumindest provisorisch Dämme gegen den plötzlich viel zu hohen Inn aufgebaut werden. Das Klima für die nächsten 25 Jahre ist durch die Schadstoffe der letzten 25 Jahre schon vorprogrammiert – was wir heute verbessern, wirkt erst in 25 Jahren. So schnell wird es also auch nicht besser mit der Überhitzung. „Die Folgen der Erdüberhitzung zeigen sich insbesondere in urbanen Räumen, da zum Beispiel Überschwemmungen im Zusammenhang mit Starkregenereignissen durch die Versiegelungsraten zu katastrophalen Auswirkungen führen können“, sagt die Stadtforscherin Kerstin Krellenberg von der Universität Wien.
Innsbruck weiß jetzt, wie.
Vor 50 Jahren gab es etwas über 50 Sommertage im Jahr in Innsbruck: Das sind Tage mit über 25 Grad Höchsttemperatur. Heute sind es über 100 Sommertage. Deshalb hat die Stadt Innsbruck im Rahmen einer Stadtklimaanalyse Daten erheben und sich von Expert:innen Maßnahmen vorschlagen lassen. Eine problematische Folge der Überhitzung sind etwa Klimahitzeinseln in der Stadt, in denen es im Sommer für manche Bevölkerungsgruppen gesundheitsgefährdend ist: Aber nicht wie früher in den beiden Mittagsstunden, sondern von Vormittag bis späten Nachmittag. Deswegen gehört das Freihalten von Durchlüftungsschneisen zu den Empfehlungen der Innsbrucker Stadtklimaanalyse – also ein Bauverbot in bestimmten Windfurchen wie dem Höttinger Graben. Mit dem „Cool Inn“ genannten Messevorplatz wird auch mit Wasserfontänen zur Verbesserung des Mikroklimas experimentiert.
Weniger Schaden verursachen.
Aber auch beim Verursachen von mehr Schaden am Klima müssen die Städte aufpassen – weniger „weirdes“ Klima geht nur mit weniger Gift in der Luft. „Zentral sind Maßnahmen zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes“, sagt die Leiterin des „Kontext Institut“ Katharina Rogenhofer und nennt als Beispiele „den Tausch von Öl- und Gasheizungen, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und von Rad- und Fußwegen.“ Das ganz banale Bäumepflanzen und den Ausbau von Grünflächen haben die Autor:innen der Stadtklimaanalyse Innsbruck ebenfalls ans Herz gelegt. Über 30 neue Bäume am im Bau befindlichen Bozner Platz hat die Stadtpolitik da auf der Habenseite, bei den von Klimaexpertin Rogenhofer empfohlenen Dach- und Fassadenbegrünungen und beim Freilegen überbauter Fließgewässer ist Innsbruck aber noch eine Wüste.
Städte haben den Schlüssel.
Davor, dass Klimakatastrophenereignisse auch Städte bedrohen können, warnt wie Krellenberg auch der am Wegener Center der Universität Graz zum Klima forschende Lorenzo Silvestri: Straßen und Gebäude müssten widerstandsfähiger gegen Extremwetterereignisse gestaltet werden und die Bodenversiegelung berge das Risiko von Hochwassern und Überflutungen. Aber der Grazer Forscher macht Städte wie Innsbruck auch als Hoffnungsorte aus: „Städte sind Zentren für Forschung, Innovation und neue Technologien. Sie haben historisch immer wieder eine Rolle als Vorreiterinnen sozialer, wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen eingenommen. Das wäre bei Klimafragen von zentraler Bedeutung.“