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An den Nadeln

statt Trompete

Trendhobby Stricken: Sophie Scarf hier, Sock Madness da, selbst im Kino greift die Woll-Lust um sich. Für die bunte Strickrunde, die sich allwöchentlich im Café Central trifft, ist der Hype ein alter Hut. Sie „knitten“ und „purlen“ hier schon seit mehr als zehn Jahren. Weil’s Spaß macht. Und verbindet.

Hinter dem Pseudonym Spilif steckt die Pfaffenhofenerin Bettina Filips. Aufgewachsen ist sie zwischen eigenen Trompetenklängen bei der Blasmusik und Papas Singer-Songwriter-Vinylsammlung. Übers Skaten, Snowboarden und das Jugendzentrum Z6 kam sie zum Hip-Hop. „Wir haben Freestyle-Jams gemacht, irgendwer hat dann Mics und Turntables gekauft“, erinnert sich die Musikerin. Die Liebe zum Texten kam im Deutschunterricht in der Schule, „und dann hab ich mich dazu entschlossen, ein bisschen zu schreiben.“ Aus der anfänglichen Spielerei wurde die erste Band „Tiefsinntaucher“. Als es danach einen Künstlernamen brauchte, wurde aus Filips Spilif.

Versöhnlich am Schreibtisch.

Die Inspiration für ihre tiefgreifenden, aber trotzdem meist unbeschwerten und positiven Texte schöpft Spilif aus sich selbst, wie sie sagt. Aber auch Band, Freund:innen und Familie bezeichnet sie als große Inspirationsquellen. „Schreiben tu ich dann ausschließlich zu Hause am Mac“, erklärt die Rapperin den Entstehungsprozess. „Ich bin auch der Meinung, wenn man das ein bisschen nachhaltiger und langfristiger machen will mit dem Schreiben, dass man da nicht warten kann, bis man die Inspiration kriegt –
man muss sich hinhocken, dann kommt sie eh meistens.“ Prinzipiell gibt’s aber ohnehin zuerst die Musik: „Ich glaub, ich hab einmal einen Song geschrieben ohne Melodie davor. Die ist schon essenziell für den Vibe.“ Für das 2023 erschienene Debütalbum „irgendetwas das du liebst“ waren Spilif und Band nur vier Tage im Studio. „Da hat die Band eigentlich das komplette Album komponiert.“ Die Texte entstanden peu à peu über ein halbes Jahr. Sie selbst beschreibt das Album mit nur einem Wort als „versöhnlich“. Und auch man selbst hat beim Hören das Gefühl, als wäre alles im Reinen.

„Ich denke schon, dass unser Sound sehr unique ist. Am Ende muss man sich mit anderen gar nicht vergleichen, wir klingen halt wie wir.“

Spilif

Sound braucht Platz.

Mit ihrem Rap inklusive Liveband, den sie mit Jazz, Funk und positiven Texten mischt, hat Spilif eine Nische für sich gefunden. „Es gibt ein paar MCs, die spielen live mit Band, aber auch nicht viele. Das ist ein bisschen ein Alleinstellungsmerkmal.“ Dass die gesamte Band aus studierten Jazzmusiker:innen besteht, trägt seinen Teil dazu bei. „Ich denke schon, dass unser Sound sehr unique ist. Am Ende muss man sich mit anderen gar nicht vergleichen, wir klingen halt wie wir.“ Um seinen Weg zu finden, braucht es aber auch Platz, um sich zu entfalten. Der fehlt laut Spilif der jungen Musikszene: „Räume gibt’s natürlich nicht. Für mich ist ab dem Moment, als der Couchclub zugesperrt hat, alles den Bach runtergegangen. Dann hat das Weekender nachgelegt und wir haben die Talstation verloren.“ Mit Mitte 30 erinnert sie sich gut an ihre Anfänge: „Früher war Innsbruck noch eine Art Hochburg für den Rap. Ich glaube, dass die jüngere Generation jetzt echt ein bisschen ein Problem hat, weil die Räume fehlen.“

„Bevor RAF Camora nicht in Rente geht, kann ich mir schwer vorstellen, dass wir den Amadeus in die Heimat holen.“

Spilif

Zwischen Hochzeiten und Auszeichnungen.

Neben ihrer künstlerischen Karriere arbeitet Bettina Filips als Fotografin. „Ich lieb das, das geht auch gut mit dem Rap zusammen.“ Herausfordernder wird’s im Sommer – die Hochsaison für Festivals, aber eben auch für Hochzeiten, die es zu fotografieren gilt. „Die Jobs stechen sich gegenseitig auch immer wieder mal aus. Es ist schon so – die Hochzeitsindustrie zahlt mein Brot und Wasser. Aber ich mach natürlich viel lieber Musik.“ Dass sie das nicht nur gern macht, sondern auch erfolgreich, beweist die zweite Nominierung für den Amadeus Music Award in der Kategorie Hip Hop/Urban. „Für mich ist das wirklich ein Ankommen in der Industrie, und da will ich auch hin.“ Die zweite Nominierung sei dabei fast überraschender gekommen als die erste. „Deswegen freut mich das gleich umso mehr. Aber bevor RAF Camora nicht in Rente geht, kann ich mir schwer vorstellen, dass wir den Amadeus in die Heimat holen.“ Leiten lassen dürfe man sich davon aber sowieso nicht: „Die Kunst darf es nicht beeinflussen, es muss dir ganz egal sein, ob dir wer einen Preis hinstellt oder nicht.“

Meiste Streams auf Spotify

(Stand: 26. Feber 2025)
  • Nazaré: 595.731, 3:14
  • Generation I Don’t Know: 369.274, 2:14
  • I quit: 257.230, 2:12
  • Rap ist: 166.506, 2:32
  • Jung und frei: 112.470, 2:50

Neues Album, neue Location?

Das zweite Album soll voraussichtlich im November erscheinen, die ersten Singles schon im April. „Ich hoffe, dass das den Leuten dann so gut gefällt wie das erste Album.“ Im Sommer wird zuerst durch Deutschland getourt, danach folgen Konzerte in Österreich und der Schweiz. „Wenn wir einfach das machen können, was wir letztes Jahr auch schon gemacht haben, bin ich schon wunschlos glücklich.“ Und trotzdem, ein Wunschziel gibt es doch: „Ich sag ja immer Elbphilharmonie. Ich möchte gern ins Konzerthaus. Auch das Landestheater in Innsbruck wäre ein Traum. Groß mit Orchester in einem Konzerthaus, das ist schon ein Lifegoal. Aber am Ende spiele ich in jedem Katakombenclub sehr gerne und ich lieb das.“

Debütalbum „irgendetwas das du liebst“

(Oktober 2023)

  • 1. retrospektiv 2:15
  • 2. Rap ist 2:32
  • 3. I quit 2:12
  • 4. Tetris 5:03
  • 5. Löwenzahn 2:24
  • 6. irgendetwas das zu liebst 3:33
  • 7. Schwerkraft 2:42
  • 8 nichts zu wünschen 2:30
  • 9. rebellischer Hippie 2:17
  • 10. ich bleib hier 2:49
  • 11. memento mori 1:54
Text: Markus Wechner
Fotos: Franz Oss