Angelernte Verhaltensmuster.
Xava war von Anfang an dabei, weil er richtig und wichtig findet, sich über die eigene privilegierte Rolle als Mann im Patriarchat bewusst zu werden und anerzogene, gelernte, problematische Verhaltensmuster zu dekonstruieren und schlussendlich abzulegen. Jedoch musste der 28-Jährige bald feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, sich für eine geschlechtergerechte Gesellschaft einzusetzen: „Wir haben viele Fehler gemacht und sind an der Umsetzung der Forderungen unserer FLINTA*-Genoss:innen gescheitert“, erinnert er sich an die desaströsen ersten Treffen, bei denen eigentlich keiner so richtig Bock hatte, sich mit dem eigenen problematischen Verhalten auseinanderzusetzen. „So oft haben wir peinlich berührt geschwiegen, Ausflüchte gesucht, um den heißen Brei herumgeredet und uns auch untereinander ziemlich zerstritten.“
Zunächst begann die Gruppe, sich mit Konzepten von Mann und Männlichkeit_en als Teil der Geschlechterforschung auseinanderzusetzen. Diese interdisziplinäre Wissenschaft untersucht das Thema mit psychologischen, historischen, sozial- und erziehungswissenschaftlichen Ansätzen. Wer sich mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen und Männlichkeitskonstruktionen beschäftigt, entdeckt schnell, wie sehr der gesamte Alltag von männlichem Alpha-Denken beeinflusst wird – sei es eine dominante Redekultur, das Breitmachen und Raumeinnehmen von Männern in den Öffis oder die geringe männliche Beteiligung an Care-Arbeit und im Haushalt.
Das betrifft keineswegs nur den privaten Raum, sondern auch den öffentlichen, wie das Beispiel Aktivismus nur allzu deutlich macht. Dass das Private hochpolitisch ist, war schon eine Erkenntnis der feministischen Bewegung der 1970er-Jahre. „Es ist anstrengend, unangenehm und mit Scham behaftet, sich mit dem Patriarchat und seinen konkreten Auswirkungen auseinanderzusetzen, von denen man selbst profitiert“, resümiert einer aus der Gruppe.