Grandios und
kurios
Ferdinandeum, Zeughaus und Co. sind in der Stadt altbekannt – Innsbruck bietet abseits der gewohnten Museumslandschaft aber auch kleinere und vor allem außergewöhnlichere Sammlungen. Wir haben drei davon besucht.

Ferdinandeum, Zeughaus und Co. sind in der Stadt altbekannt – Innsbruck bietet abseits der gewohnten Museumslandschaft aber auch kleinere und vor allem außergewöhnlichere Sammlungen. Wir haben drei davon besucht.
1.
Winkler’sches Apothekenmuseum
Versteckt im dritten Stock der Riesengasse 1 in der Innsbrucker Altstadt befindet sich das Winkler’sche Apothekenmuseum – das größte und vollständigste Apothekenmuseum Österreichs. Es entführt nicht nur in vergangene Zeiten, sondern erlaubt auch einen Einblick in das Wissen rund um Natur- und Heilkunde, das seit jeher in der Apothekerkunst steckt.
Schon beim Eintreten scheint es, als wäre die Zeit für einen Moment stehen geblieben: Die Apotheke wurde 1326 gegründet und befindet sich seit 1578 im Familienbesitz der Winklers. Altes Mobiliar, Spielzeug und Gegenstände zieren die Räumlichkeiten: Unter den Schmuckstücken findet sich etwa ein prunkvoller Hausaltar, die Hofapotheke von Claudia de’ Medici – der einstigen Erzherzogin von Österreich und Landesfürstin von Tirol – oder ein Mikroskop aus 1890, das noch immer funktioniert.
Das Apothekenmuseum zeigt, wie eng die Pharmazie mit Aberglauben und alchemistischen Experimenten verknüpft war.
Alchemie und Aberglaube.
Das Herz des Museums bildet aber die
exotische Naturaliensammlung, die sich in den prachtvoll bemalten Apothekerschränken versteckt und der Pharmaziegeschichte Leben einhaucht: darunter eine Mumienhand, der Stoßzahn eines Narwals, ein Walpenisknochen, eine Elefantenblase und Magensteine vom Stachelschwein. Was heutzutage als Rarität anmutet, war bis in das 17. Jahrhundert in Apothekengeschäften, sogenannten Offizien, allerdings völlig normal. Immerhin brauchte man diese Gegenstände zur Weiterverarbeitung von Arzneidrogen oder heilenden wie potenzsteigernden Pülverchen.
Und wer immer schon einmal wissen wollte, wie Schokolade zu Zeiten Mozarts schmeckte, dem bietet sich im Apothekenmuseum die Chance dazu: Unter den 2.500 alten Büchern befindet sich auch ein Schokoladenrezept aus dem Jahr 1760. Unter Christoph Schwarz, dem jetzigen Betreiber des Museums, erlebt diese Schokolade gerade eine Renaissance. So wird sie neben weiteren Produkten wie Seife oder Body Lotion seit einem Jahr unter dem Namen Officine Winkler vermarket. So viel sei verraten: Schokolade wurde damals ohne Milch hergestellt und schmeckte mehr wie Lebkuchen.
Öffnungszeiten
Besuche sind aktuell nur auf Anfrage möglich.
Kontakt
Christoph Schwarz
2.
Anatomisches Museum
Deutlich mehr als 10.000 Exponate sowie zusätzlich mehrere tausend historische Röntgenbilder umfasst der Sammlungsbestand der Medizinischen Universität Innsbruck. Gut 1.100 Stücke davon werden im ersten Stock im Raum 01_200 sowie in Gangvitrinen ausgestellt. Es handelt sich jedoch nicht um ein kommerzielles Museum, sondern um die fachliche Sammlung der Anatom:innen für Anatom:innen, die bis auf die Gründung des anatomischen Lehrstuhls im Jahr 1689 zurückgeht.
Gesammelt wird und wurde zu Lehr- und Forschungszwecken, dennoch ist das medizinisch wertvolle Sammelsurium der Allgemeinheit zugänglich und empfiehlt sich vor allem für jene, die sich für Medizin und Körperaufbau interessieren. Rund 90 Prozent der Exponate sind menschlich, in die Sammlung reihen sich aber auch tierische Präparate aus der vergleichenden Anatomie sowie Gips- und Holzmodelle aus der historischen Lehre. Alle zwei bis drei Jahre schafft ein Exponat den Einzug ins Museum und erweitert den Sammlungsbestand.
Anatomische Besonderheiten.
Eine breite Palette an Exponaten lädt Besucher:innen dazu ein, in die Welt der Anatomie einzutauchen und für einen Moment die Perspektive zu wechseln. Das Museum selbst kann in mehrere Abschnitte gegliedert werden: So werden unter anderem Skelette, Extremitäten und alle möglichen Knochenbeispiele, verschiedene Schädelformen, konservierte Organe und andere sezierte Körperteile, Zahnanatomie oder Feucht- und Trockenpräparate gezeigt. Und eine Vielzahl von anatomischen Besonderheiten und Varietäten – darunter ein „Situs inversus totalis“, ein Körper mit seitenverkehrten Organen.
Da es sich bei allen Exponaten um anatomische Besonderheiten handelt, ist jedes an sich wertvoll. Von besonderem Interesse ist allerdings ein Präparat, das die gesamte Gefäßversorgung des Schädels zeigt, sowie das Skelett vom Innsbrucker „Burgriesen“ Nikolaus Haidl – mit einer Größe von 2,20 Metern ist es ein Beispiel für Riesenwuchs.
Öffnungszeiten
Während der Semesterzeiten der Universität immer donnerstags von 15.30 bis 18 Uhr bei kostenfreiem Eintritt geöffnet, auf Anfrage auch an anderen Tagen sowie mit Führungen möglich.
Kontakt
Romed Hörmann
3.
Radiomuseum Schuchter
Klein, fein und voller Nostalgie – so lässt sich das Radiomuseum Schuchter in der Kravoglstraße 19 A wohl am besten beschreiben. Radiobegeisterte, die mehr über die Geschichte und die Entwicklung des ältesten elektronischen Mediums erfahren möchten, sind hier an der richtigen Stelle. Wer gilt als Erfinder des Radios? Welche Modelle waren hierzulande beliebt? Und wie funktioniert das „Wunder der Wellen“ überhaupt? Diesen Fragen widmen sich das Radiomuseum und der zugehörige Verein rund um Richard und Magdalena Schuchter.
Über 900 Exponate gibt es dabei auf zwei Ebenen zu entdecken. Sie alle erzählen ihre ganz eigene Geschichte und nehmen Besucher:innen mit auf eine Zeitreise durch rund 100 Jahre Radiogeschichte. Gestartet wird anno 1924 mit einem Detektorradio, dessen Klang auch heute noch den Charme alter Zeiten versprüht. Besondere Exponate aus den 1930er-Jahren zeigen wiederum Propagandainstrumente aus der NS-Zeit – darunter der Volksempfänger, auch bekannt als „Goebbelsschnauze“. Die Eumigette-Röhrenradios aus Österreich markieren die 1950er-Jahre, und ein selbst gebautes Radiogerät aus Kenia zeigt, dass der Radiovielfalt keine Grenzen gesetzt sind. Tonbandträger, Plattenspieler mit Kassettenrecorder oder Autoradios aus den verschiedensten Epochen rundendie Sammlung ab.
Der Sammler und Tüftler Hans Schuchter, der Vater des heutigen Betreibers, hat sowohl das Museum im Jahr 2014 als auch zwei Jahre später den Verein ins Leben gerufen, der mittlerweile über 250 Mitglieder umfasst. Von seinem einstigen Erfindergeist zeugen heute noch zwei Patenturkunden: ein Kehlkopfmikrofon sowie eine Richtantenne.
Öffnungszeiten
Immer montags von 10 bis 13 Uhr mit Stammtisch der Mitglieder, von 14 bis 17 Uhr mit Anmeldung.
Der Eintritt ist frei, freiwillige Spenden sind willkommen.
Kontakt
Richard Schuchter