Ganz schön Kinky hier

Sexpositive Partys sind in Großstädten wie Berlin längst Teil der Clubszene, nun hat auch Innsbruck diesen Trend für sich entdeckt. 6020 war bei einer Kinky Party, um herauszufinden, was dahintersteckt.
Sexpositive Partys sind in Großstädten wie Berlin längst Teil der Clubszene, nun hat auch Innsbruck diesen Trend für sich entdeckt. 6020 war bei einer Kinky Party, um herauszufinden, was dahintersteckt.
Was in Berlin oder München kaum mehr als ein gewöhnlicher Mittwochabend ist, gilt in Innsbruck noch als mutiger Schritt aus der Komfortzone: Kinky Partys. Seit gut einem Jahr finden sie auch hier statt; mittlerweile organisiert von der Plattform Kinky Insiders Austria. Doch was steckt hinter diesem Trend? Warum zieht das Konzept immer mehr – vor allem junge – Menschen an? Wir haben uns bei der zweiten Kinky Party des Jahres in Innsbruck selbst ein Bild davon gemacht.
Clubnight einmal anders.
Es ist Freitagabend, 22 Uhr. Wer auf Techno-Raves geht, weiß: Pünktlichkeit ist Pflicht. Nach der Ticketkontrolle und dem obligatorischen Abkleben der Handykameras geht es die Treppe hinunter in den Keller von Das Otto. Was sofort ins Auge fällt, ist der Dresscode – ohne das richtige Outfit gibt es keinen Zutritt. Die Wahl des Abends bewegt sich zwischen Dessous und Raver-Outfit: Harnesses, Ketten, Bondage-Kunstwerke, Ganzkörper-Latex-Outfits mit Hundemasken, Netzshirts, Lackschuhe, transparente Tops, Nippel-Tapes und natürlich jede Menge nackte Haut.
Was in einem anderen Kontext vielleicht Befremden oder Starren hervorrufen würde, wird auf der Kinky Party nach wenigen Minuten für alle zur Normalität – die Herrin, die ihren Sub an der Leine führt, der Typ, der sich als Sklave anbietet, die Frau, die im Cosplay-Outfit herumläuft, und die Gruppe, die gemeinsam tanzt, knutscht und fummelt – geschlechterunabhängig und im stetigen Wechsel. Wer hier ankommt, lässt die gesellschaftlichen Normen persönlichen Ausdrucks für einen Abend bewusst hinter sich. Die Technomusik tut ihr Übriges: Mit ihren schnellen Beats befreit sie das Gehirn im Nu von Alltagsgedanken. Der abgetrennte Playroom und das BDSM-Kreuz am Rande der Tanzfläche setzen den Ton für die Nacht und erinnern daran, dass es hier um viel mehr geht als nur ums Tanzen.
Ein Nein ist ein Nein.
Auffällig ist der ungewöhnlich niedrige Alkoholkonsum – anscheinend wollen alle ihre Sinne so gut wie möglich bewahren, und das wohl aus gutem Grund: Kinky Partys gehören zur Bewegung der „Sexpositiven Partys“. Dort ist alles erlaubt – flirten, fummeln, und ja, auch Sex. Es geht um Freiheit, um das Ausleben von Wünschen und Fantasien, ohne Druck und unangenehme Konsequenzen. Und ein Vollrausch wäre da wahrscheinlich wenig hilfreich.
Weitere – und vielleicht entscheidendere – Gründe für diesen Trend sind der gute Ruf der Atmosphäre und die klaren Konsensvereinbarungen, die vor allem von Frauen* als angenehm empfunden werden. Es gibt eindeutige Regeln, und eine davon lautet: Ein „Nein“ wird immer respektiert – ohne Diskussion. Für die Einhaltung sorgt auch ein in der Regel anwesendes Awareness-Team. Nötig ist das am Abend in Innsbruck kein einziges Mal. Es gibt kein übergriffiges Gegrapsche, kein unangenehmes Drängen – stattdessen ein entspanntes, positives Miteinander. Alle sind aus dem gleichen Grund da: um anderen näher zu kommen. Ein Lächeln hier, ein aufmunterndes Zwinkern da – die Vibes sind einfach gut.
Sex, ja!?
Wer auf einer Kinky Party eine Sexorgie erwartet, ist auf der falschen Veranstaltung. Sexpositiv bedeutet, dass Sex zwar erlaubt, aber kein Muss ist. Für diejenigen, die Lust darauf haben, gibt es den Playroom – eine abgetrennte Ecke im Raum, die den ganzen Abend über gut besucht ist. Dort stehen Desinfektionsmittel, Kondome und ausreichend Privatsphäre zur Verfügung, um den eigenen Fantasien nachzugehen. Eine unangenehme Zuschau-Atmosphäre gibt es nicht, Anstand und die klaren Konsensvereinbarungen sorgen für respektvolle Rahmenbedingungen – und wahrscheinlich spielt auch die stille Übereinkunft der Partygäste eine Rolle, dass Sex einfach nur ein natürlicher Ausdruck menschlicher Lust ist.
Nach mehreren Stunden Party und Aufregung geht es mit einer neuen Erkenntnis nach Hause: Kinky Partys schaffen, was in unserer aufgeklärten Welt immer noch wenig Platz hat. In einer Zeit, in der an jeder Ecke über Sex, aber selten über die eigene Sexualität gesprochen wird, bieten sie einen Raum, in dem sich Menschen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung – frei und ohne Vorurteile ausdrücken können.
6 Regeln auf einer Kinky Party
1. Strikter Dresscode: kinky, sexy, Leder, Latex, Masken, Dessous, Drag, Nylon & Netz, nackt oder glitzernd.
2. Fotografieren und Filmen ist nicht erlaubt. Handys werden abgeklebt. Ein Verstoß führt zum sofortigen Ausschluss vom Event.
3. Kein ungefragtes Anfassen: Wer sich nicht daranhält, fliegt raus.
4. Ein „Nein“ ist immer ein „Nein“ und nur ein „Ja“ ist wirklich ein „Ja“!
5. Getanzt wird auf der Tanzfläche, gespielt im Playroom.
6. Gegenseitiger Respekt, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung, ist Voraussetzung.