Eine kleine Menschentraube hat sich vor der p.m.k gebildet. In der Mitte steht eine Frau auf dem Gehweg und erzählt Flachwitze – Lachtränen in den Augen. Die Pointe des letzten Witzes ist so grottig, dass manche ihrer Zuhörer:innen die Augen verdrehen, andere kichern, lachen. „Deine Witze sind so schlecht, dass sie schon wieder lustig sind“, sagt einer mit Kapuze. Die Meinungen über Humor mögen auseinandergehen, aber Sigrid Moser hat wieder einmal das Eis gebrochen. Die Stimmung ist gelöst, übermütig, alle sind vergnügt und genießen die ansonsten frostige Nacht in der Bogenmeile.
Sigrid Moser liebt diese Community, diesen bunten Haufen aus Jungen, Junggebliebenen und Alterslosen. Alles begann nur ein paar Schritte weiter. „Das Babalon ist meine Lieblingskneipe“, schwärmt sie. Inmitten voll besetzter Tische thront eine Madonnenstatue, breitet segensreiche Hände über das Nachtvolk aus. Hier fühlt sich Sigrid behütet wie in einem sicheren Hafen. Ziemlich viele Menschen kennen sie als Innsbrucker Szene-Urgestein, haben sich schon mindestens einmal mit der Frau mit den lachenden Augen unterhalten. Wie sie von sich selbst sagt, ist das ihre absolute Lieblingsbeschäftigung: reden, reden, reden.
Leben mit Psychosen.
Deshalb hat sie auch seit vier Jahren eine Radiosendung auf Freirad. „Radiomachen wollte ich eigentlich nicht unbedingt, ich wollte nur eine Sendung zum Thema psychische Gesundheit gestalten“, resümiert die Politologin. Jeden zweiten Freitag im Monat gestaltet sie die Sendereihe „Psychiatrie in Bewegung“ und entlarvt mit ihren Studiogästen Verhaltensweisen, die sich gegen Menschen richten, denen es psychisch schlecht geht. Es geht ihr vorrangig darum, die Gesellschaft zu sensibilisieren, sie offener und toleranter zu machen für Menschen mit psychiatrischem Hilfsbedarf, deren Angehörigen und professionellen Begleiter:innen.
Dieses Thema hat Sigrid Moser nicht ohne Grund ausgesucht: Ihre erste Psychose liegt 18 Jahre zurück. Sie schlich sich in ihr Leben. Nichts funktionierte mehr wie zuvor. Alles machte ihr Angst, sie litt unter Verfolgungswahn. Der erste Schritt, um wieder klarzukommen, war, zu akzeptieren, dass sie an einer Krankheit litt. Dann folgte die Erkenntnis, dass diese jederzeit wieder zurückkehren konnte und dass sie sich Hilfe holen kann. „Ich hatte Phasen, in denen es mir richtig schlecht ging, war mehrmals in stationärer, psychiatrischer Behandlung“, erinnert sie sich.
Trotz ihrer psychischen Erkrankungen hat sie es geschafft, ihr Studium zu beenden und ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Aufgefangen haben sie nicht nur einmal die Menschen in den Bögen. Dort fühlt sie sich immer willkommen, wird so angenommen, wie sie ist, darf sie selbst sein. Freundschaft, Dankbarkeit und Solidarität sind Gefühle, die sie dort für sich entdeckt hat. „Die Person, die ich heute bin, möchte der Person, die ich vor fünf Jahren war, sagen: Danke, dass du nicht aufgegeben hast, du bist wunderbar!“