Bretter, die die Welt bewegen
Jede:r kann mitmachen.

Jede:r kann mitmachen. Das ist bei den Boobie Brettlern nicht einfach so dahergesagt, sondern echte Überzeugung. Eigentlich wollten Dora, Rosa, Locke, Jojo und Conda einfach nur mit Gleichgesinnten skaten gehen. Inzwischen ist daraus eine eigene Community entstanden.
Fragt man Dora, Rosa, Locke, Jojo und Conda nach ihrer Mission, werden alle ganz still und nachdenklich. Dora ist die Erste, die das Wort ergreift: „FLINTA*-Personen empowern, miteinander connecten und einen Raum zum Austausch geben.“ Rosa ergänzt: „Skaten für alle zugänglich machen, nicht nur cis Männern.“ Als Verein Boobie Brettler veranstalten sie seit vier Jahren regelmäßig Skate-Sessions, Workshops, Konzerte und andere Veranstaltungen – in erster Linie für FLINTA*-Personen, aber auch für all jene, die Teil einer diversen Gesellschaft sein wollen. „Ich habe das Gefühl, dass viele auch zu unseren Veranstaltungen kommen, weil der Vibe so lieb ist und man sich einfach wohlfühlen darf. Ich weiß manchmal gar nicht, wie wir das verdient haben, dass so viele liebe Leute auf einem Fleck sind“, erzählt Locke.
Inzwischen kommen regelmäßig um die 30 Personen zu ihren FLINTA*-Skate-Sessions, die WhatsApp-Gruppe zählt über 170 Mitglieder und auf Instagram folgen den Boobie Brettlern über 2.600 Interessierte. Ihr Bekanntheitsgrad gehe sogar über die Grenzen von Innsbruck hinaus. „Wir versuchen, verschiedenen FLINTA*-Personen eine Plattform zu geben, ihre Talente einzubringen. So sind über Instagram auch schon Connections zu anderen Gruppen in Österreich entstanden“, erzählt Conda. „Manchmal kommen auch Leute zu unseren Sessions, die hier gerade im Urlaub sind und die schon voll gut skaten können“, ergänzt Jojo.
Was bedeutet eigentlich FLINTA*?
„FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und agender* und ist der Versuch, einen Ausdruck für eine Personengruppe zu finden, die nicht cis männlich ist. Um Menschen mitzuberücksichtigen, die sich außerhalb einer Hetero-Normativität bewegen, gibt es außerdem den Begriff LGBTQI* (Lesben, Gay, Bisexuell, Trans, Queer, Inter, *), der auch nicht heterosexuelle cis Männer miteinschließt.“
Quelle: WECF–Women Engage for a Common Future, Oktober 2024.
Innsbruck ist ein Dorf.
Wenn man dieselben Interessen hat, läuft man sich in Innsbruck vermutlich früher oder später über den Weg. Glücklicherweise war das bei Dora, Locke und Conda auch so. Studium und WG-Leben brachte die drei 2018 beziehungsweise 2019 zusammen. „Dora und ich haben fast ein halbes Jahr nebeneinanderher gelebt, bis wir festgestellt haben, wie gut wir eigentlich viben“, erinnert sich Locke noch gut. „Da sind Dora und ich schon immer zusammen skaten gewesen. Und irgendwann dachten wir uns, lasst uns doch mal alle zusammen gehen“, ergänzt Conda.
Mit anderen FLINTA*-Personen zu skaten, habe laut Locke eine ganz eigene Dynamik: „Das fühlt sich irgendwie mehr supportive an. Wenn ich eine männlich gelesene Person skaten sehe, denke ich: ‚Cool, aber das kann ich eh nicht.‘ Wenn ich aber eine FLINTA*-Person sehe, will ich das auch ausprobieren.“ Der Zugang der Boobie Brettler sei deshalb: Jede:r fängt mal an. „Und dann trauen sich viele auch eher, zu unseren Sessions zu kommen“, weiß Conda. Darum seien die FLINTA*-Sessions geradezu prädestiniert, jemanden zu finden, der auf demselben Level ist.
Von der Crew zur Community.
Damit trafen die drei in Innsbruck anscheinend einen Nerv. Die WhatsApp-Gruppe, in der sie vorzugsweise andere FLINTA*-Personen zum gemeinsamen Skaten einluden, wurde schnell zum Selbstläufer und auch der Instagram-Kanal wuchs. „Erst waren es nur wir drei – Dora, Locke und ich – und auf einmal waren wir ganz viele. Da haben wir dann auch gesagt, dass es vielleicht finanzielle Unterstützung braucht. Also gründen wir doch einen Verein“, erzählt Conda. Das war 2020. Zu dieser Zeit entstanden auch in anderen Städten FLINTA*-Communitys. Und weil ihnen genau das in Innsbruck gefehlt habe, seien die drei auf diesen Zug aufgesprungen. Insbesondere eine Gruppe aus Wien gab laut Dora die Initialzündung: „Das war die Brettl Bande. Die haben uns voll inspiriert, hier eine Community auf die Beine zu stellen.“
Gegenwind bekamen die Boobie Brettler dabei wenig zu spüren. Es gebe zwar hin und wieder unangenehme Nachrichten auf Instagram, in denen vor allem die FLINTA*-Only-Sessions hinterfragt werden, aber direkte Anfeindungen kämen kaum. „Wir sind inzwischen an einem Punkt angelangt, wo es normal ist, dass wir hier so eine diverse Skateszene haben – was am Anfang nicht so okay war. Darum ist es so schön, zu sehen, dass es nicht mehr so eine Diskussion ist, warum es FLINTA*-Abende gibt“, freut sich Conda über die Entwicklung. Viel Support gab es auch vom Skateboard Club Innsbruck. Insbesondere Stefan Ebner habe sich sehr für die Boobie Brettler eingesetzt und tue es noch. „Stefan macht extrem viel für die Szene in Innsbruck und ihm habe ich es eigentlich auch zu verdanken, dass ich bei den Boobie Brettlern dabei bin“, betont Rosa.
"Erst waren es nur wir drei und auf einmal waren wir ganz viele."
Conda (27)
Einen Safespace schaffen.
Seit den Anfängen vor vier Jahren hat sich viel verändert. Conda und Dora sind inzwischen für den Master nach Wien gegangen und Locke bekam Unterstützung von Rosa und Jojo. Die fünf übernehmen zwar immer noch das Organisatorische, sehen die Boobie Brettler aber keinesfalls hierarchisch. „Wir sind keine geschlossene Crew, sondern alle sind eingeladen mitzumachen. Das ist ja das Coole“, meint Locke. „Es ist erst so cool geworden, weil so viele mitmachen. Und jeder, der etwas machen will, bekommt von uns den Raum dafür“, ergänzt Rosa. So seien zum Beispiel auch schon Workshops mit Künstler:innen entstanden, die primär gar nichts mit Skaten zu tun haben.
Skaten ist zwar nach wie vor ein gemeinsamer Nenner der Boobie Brettler, aber nicht Voraussetzung, um mitzumachen. „Das Angebot richtet sich nicht ausschließlich an Leute, die skaten, sondern es sind FLINTA*-Veranstaltungen, wo jede:r kommen darf“, erklärt Rosa. Viele böten entweder Veranstaltungen für Frauen oder für Männer an. Alle anderen fielen so aber durchs Raster. „Für diejenigen wollen wir deshalb einen Safespace bieten“, betont Jojo.